Das Überlieferte
Trübe, unfreundlich und kalt waren die Tage vom 11. bis 13. Oktober 1813.
Am 14. Oktober gegen Abend und in der Nacht wütete ein Orkan, der Bäume entwurzelte, Dächer abhob und strömenden Regen zur Folge
hatte. So leitete die Natur das Drama der Völkerschlacht ein, das an jenem 14. Oktober durch ein blutiges
Vorspiel begann.
Die Vorhut der böhmischen Armee startete ein gewaltsames Erkundigungsgefecht gegen
Liebertwolkwitz hin. Man wollte sich Aufklärung über die Stärke der Armee Murats verschaffen und Aufschluß
erhalten, ob der Gegner standhalten oder sich weiter zurückziehen würde. Liebertwolkwitz war Stützpunkt der
französischen Reiterei. 8000 Reiter befanden sich in und um den Ort,darunter 6 Regimenter, die Augereau aus
Spanien herbeigeführt hatte. Das waren altgediente Soldaten und zählten zu den besten Reitern des napoleonischen
Heeres.
Der österreichische General Klenau kämpfte unter Wittgensteins Oberbefehl von vormittags 1/2 12 bis
abends 6 Uhr um den Besitz von Liebertwolkwitz. Der Ort wurde von General Malson aufs hartnäckigste verteidigt.
österreichisches Fußvolk drang in raschem Lauf bis zum Friedhof vor, wo wir uns jetzt befinden. Viele geängstigte
Einwohner hatten in der Kirche wegen des starken Mauerwerkes Schutz gesucht. Der Seilermeister Kühn, dessen Haus
in der Nähe der Kirche stand (jetzt Fleischerei Saro), entging in der allgemeinen Verwirrung knapp dem Tode.
Aufdringliche französische Soldaten hatten von ihm Wein und Brot gefordert. Da er ihre Wünsche nicht befriedigen
konnte, drohten säe, ihn an seinen gefertigten Seilen aufzuhängen. - Kugeln schlugen gegen die splitternden
Kirchenfenster. Ein alter Mann, der vor dem Altar kniete, wurde im Gesicht durch eine Flintenkugel verletzt.
Ein Gegenangriff der Franzosen drängte die österreich-er wieder zurück.
Gegen 4 Uhr trat ein menschenfreundlicher französischer Offizier in die Kirche und, riet den Leuten in deutscher Sprache, den gefährlichen Ort zu verlassen
und nach Leipzig zu fliehen. Niemand getraute sich heraus. Erst als der Feuerschein des brennenden Dorfes durch
die zertrümmerten Fenster lobte, trieb die Angst um ihre Mutter die Tochter des Sattlermeisters Bothe hinaus.
Die Mutter lag freilich erschossen im Garten der Wohnung. Die Frau des Maurermeisters Jahn war durch eine
Gewehrkugel in die Hüfte getroffen worden. Trotzdem schloß sie sich den Flüchtenden an. Erst in Leipzig konnte
die Kugel herausgeschnitten werden. Die österreicher hatten inzwischen den Friedhof wieder erobert, aber
neue Massen Franzosen fluteten heran, brandeten über die starken Lehmmauern hinweg und drängten die
österreichisehen Weißröcke gegen das nach dem Markte zu führende Friedhofstor. Es war nur nach innen zu
öffnen, so daß man es noch fester zuschob.
So wurden bei Anbruch des Abends österreichische Soldaten vom
Regiment des Erzherzogs Karl von französischen Bajonetten förmlich an das Tor gespießt. Gegen 200 fanden
einen martervollen Tod. Den auf dem Gotte,sacker herumliegenden Leichen stand noch eine gewaltsame Veränderung
bevor. Viele verbrannten bei der in Mundes Gute Nr. 17, dessen Stallgebäu~de unmittelbar an den Gottesacker stieß,
am 18. Oktober ausgebrochenen Feuersbrunst. Erst acht Tage später fanden sie in der Nähe des genannten
Stallgebäudes ein gemeinsames Grab. Vom Donnerstag, den 14. Oktober, ab brannte der Ort bis zum Sonntag
ununterbrochen. Mit Einschluß der Seitengebäude wurden gegen 60 Gebäude in Schutt und Asche gelegt.
Liebertwolkwitz war eine weithin sichtbare Feuersäule.
"Von Wachau her flog eine Kugel in den Kirchturm. Sie wurde als trauriges Andenken dort eingemauert", schreibt der Chronist. Von dieser ersten Gedenkstätte
wenden wir uns dem Bahnhof Liebertwolkwitz zu. Ganz in seiner Nähe steht im Grundstück des Sägewerkes
Sättler der Apelstein Nr. 9. Zwei Meter vom Zaun entfernt, ist er von der Südstraße aus gut zu sehen.
"Mortier, Herzog von Treviso, 2 Divisionen der Jungen Garde 12 000 Mann" verkündet seine Inschrift.
Am Westausgang von Liebertwolkwitz, östlich des Galgenberges an der Straße nach Wachau, nennt
Stein Nr. 5 den Namen des Grafen Lauriston. .......
Quelle: Leipzig. im Eigenverlag "Wanderskizzenkatalog" anlässlich der 140-Jahr-Feier der Völkerschlacht bei Leipzig"